Aufstieg mit Aussicht | © Privat
Der Gletscher.
Skitourenrouten aufs Kitzsteinhorn & Maiskogel

AufFELLig schön bergauf! 

Die Nähe zur Natur und intensive Glücksgefühle suchen zahlreiche sportliche Tourengeher, die für ihren Gipfelsieg auf komfortable Aufstiegshilfen verzichten. Klar, es ginge weit schneller und gemütlicher mit den modernen Seilbahnen nach oben, aber das ist nicht das Ziel der Tourengeher. Sie wollen Schritt für Schritt die Natur wahrnehmen und sich die folgende Abfahrt aus eigener Kraft erkämpfen. Dabei darf man ruhig mal das Tempo rausnehmen und den Blick schweifen lassen, wie Verena Dreiseitl erzählt. Sie hatte dank der ausgewiesenen Skitourenrouten aufs Kitzsteinhorn vor einigen Jahren einen sicheren Erstkontakt mit dem Tourenskisport. 

 

Entschleunigung zur Premiere

Die Gesundheitsmanagerin und Ernährungswissenschaftlerin aus Thumersbach lebt heute in Niederösterreich und erinnert sich gern an diese erste Skitour vor fünf Jahren zurück: „Im Tal war noch bunter Herbst, aber oben herrschten schon perfekte Schneebedingungen. Ich bin zwar eine gute Skifahrerin, aber war bis zu diesem Tag lieber mit den Seilbahnen zum Gipfel unterwegs. Eine Freundin nahm mich mit auf die Route ,Schneekönigin‘ – ideal, um mit der Ausrüstung vertraut zu werden und Aufstiegstechniken zu üben.“

Die Schneekönigin startet am Langwiedboden auf 1.976 m Seehöhe. Am Info-Point kann man sich über Routenverlauf und alpine Gefahren informieren. Verena Dreiseitl denkt zurück: „Über den ausgeschilderten Aufstieg am Pistenrand gewann ich langsam Vertrauen in den Halt der Felle, achtete auf das effiziente Ziehen des Skis und wie von selbst kam ich in einen ruhigen Rhythmus. So blieb Zeit, den Blick schweifen zu lassen über das eindrucksvolle, winterliche Panorama. Das Zeller Becken lag noch im dichten Nebel, aber uns schien hier oben schon die Sonne auf die Nase. Viel intensiver als bei einer Liftfahrt nahm ich meine Umgebung wahr und ich war überrascht, das Kitzsteinhorn von einer neuen, langsameren Seite kennenzulernen. Den Duft der sonnenbeschienen Felsen, das Geräusch der Skier auf knirschendem Schnee in der Stille des Aufstiegs oder der Adler, der hoch über uns kreist und abzieht in die unberührte Wildnis des Nationalparks Hohe Tauern. Da überkam mich das Gefühl von Ruhe und Entspannung. Geht es mir bis heute beim alpinen Skifahren eher um Schnelligkeit und Spannung, so fand ich im langsamen Aufstieg aus eigener Kraft einen ungekannten Genuss.“

Genussvoll ist der Aufstieg auch dadurch, dass man sich in der gesicherten Spur um alpine Gefahren erstmal keine Gedanken machen muss. „Als Neuling im Tourenskisport ist ein Aufstieg am Pistenrand perfekt. Ich war völlig unerfahren im Gelände und so konnte ich mich in meinem Tempo rein auf die Technik und den Aufstieg fokussieren und nebenbei noch entspannt plaudern. Ich erinnere mich an viele Skibergsteiger, die nach einem freundlichen Gruß im Renntempo an uns vorbeizogen. Das steigerte die Motivation und schnell waren die 474 Höhenmeter der Schneekönigin überwunden – mit reiner Muskelkraft. Als Ernährungswissenschaftlerin lege ich großen Wert auf Saisonalität und Regionalität beim Essen, darum war die Freude über mein verdientes Gröstl in der Gletschermühle besonders groß. Stolz, satt und voller Glücksgefühle war die Abfahrt über die weiten Pisten dann die Krönung meiner ersten Skitour. Seitdem gab es noch das eine oder andere Wiedersehen mit der Schneekönigin und auf der Bucket-List steht meine erste Skitour im freien Gelände auf den Tristkogel, den ich im Rahmen des „Skitouring-Thursdays“ in Begleitung eines Bergführers bezwingen will!“

Geht es mir bis heute beim alpinen Skifahren eher um Schnelligkeit und Spannung, so fand ich im langsamen Aufstieg aus eigener Kraft einen ungekannten Genuss.

Verena Dreiseitl

Beschleunigung ,unplugged‘

Neben den genussvollen Skitourengehern, die erste Erfahrungen oder Höhenmeter für Skitouren im Gelände auf den beiden Routen sammeln, gibt es aber auch die Racer. Diese Skibergsteiger geben beim Aufstieg kräftig Gas und die Skitourenrouten sind ihre bevorzugten herbstlichen Trainingsstrecken. Eine österreichische Spitzensportlerin im Skibergsteigen ist Sarah Dreier aus Neukirchen. Die Pädagogin hat ihre Lehrtätigkeit an den Nagel gehängt, um eine Profikarriere im Skibergsteigen einzuschlagen. Über ihre Anfänge lacht die Sportlerin: „Ich startete auf Alpinskiern und war eine begeisterte Läuferin. Mit 12 Jahren ging es auf meine erste Skitour und mit 15 packte mich das Rennfieber.“ Als die heute 27-Jährige mit 18 Jahren erstmals ganz oben am Siegespodest stand, zündete ein wahrer Raketenstart.

Heute zählt die Läuferin des ÖSV Nationalteams zur Weltklasse in der Wettkampfdisziplin „Vertical“. Sie erklärt: „Das Vertical Race ist ein reines Aufstiegsrennen und für die ersten Rennen im November, die heuer in Frankreich stattfinden, sollte man schon einige Höhenmeter in den Beinen haben. Darum zieht es mich ab den ersten Schneefällen immer wieder aufs Kitzsteinhorn für Trainingseinheiten. Den Aufstieg meistere ich aus Trainingsgründen ganz ohne Seilbahn zu Fuß vom Tal, mit den Skiern und Schuhen am Rucksack, bis zur Schneegrenze. Das ist im Herbst oft wunderbar mystisch, wenn man durch den Nebel taucht und die bunten Laubbäume des Indian Summer in der Sonne aufleuchten und wenn es über stille Almflächen hinauf bis zum Langwiedboden geht. Ab hier heißt es Skier anschnallen und im Laufschritt geht es weitere 899 Höhenmeter über den ,Eisbrecher‘ nach oben – manchmal, wenn die Bedingungen passen, nehme ich sogar noch einen Abstecher und Gipfelsieg am Kitzsteinhorn mit. Nach der Abfahrt bis zum Alpincenter kehre ich gern im Skitouren-Treff ,Skyline Bar‘ auf ein Hallo und ein wenig Hoagascht (Plauderei) ein. Hier mischen sich Hobbysportler, Spaziergänger und Spitzenathleten und jeder ist zurecht stolz auf seine Tages-Leistung."

Training und Genuss geht für die erfolgreiche Pinzgauerin einher, wie sie erklärt: „Trotz des Trainingsplans kann ich die Aufstiege immer genießen – für mich ist es ein unglaubliches ,unplugged‘-Gefühl. Die Aufstiegsspur ist gesichert und so kann ich abschalten und die Stille genießen. Wir Skitouren-Racer fühlen uns am Kitzsteinhorn immer sehr willkommen. Wenn ich mit Freunden unterwegs bin und der Trainingsdruck nicht allzu hoch ist, lasse ich mir die legendären Spinatknödel mit Aussicht auf die Dreitausender in der Gletschermühle nicht entgehen, bevor ich gemütlich mit der Seilbahn wieder ins Tal schwebe.“

Route Maiskogel

Mit einer markierten Aufstiegsroute startet man am Maiskogel in die Tourensaison. Vom Parkplatz der MK Maiskogelbahn bis zur Bergstation Almbahn auf 1733 m. Die 970 Höhenmeter des Aufstiegs führen großteils abseits der Pisten und belohnen mit traumhaften Ausblicken auf das Salzachtal und das Zeller Becken. Eine sichere Abfahrt über die Pisten des Maiskogels führt zwischen 8:00 und 18:00 Uhr zurück ins Tal. Mittwochs ist das Befahren der Pisten bis 20:00 Uhr erlaubt.